Der vermeintliche Nutzen von Lykopin als Nahrungsergänzung ist nicht bewiesen.
Was steckt hinter der Werbung Lykopin-haltiger Nahrungsmittel?
Lykopin soll aufgrund seiner antioxidativen Eigenschaften zellprotektive Wirkung haben und wird daher mit dem Schutz von Herz, Augen und Prostata beworben. Zudem soll es die Haut vor schädlichen UV-Strahlen schützen und somit Alterungsprozessen vorbeugen.
In einzelnen Studien konnte ein Zusammenhang zwischen hohem Tomatenverzehr und verringertem Krebsrisiko vor allem für Prostata-, Lungen- und Magenkrebs nachgewiesen werden. Dabei unterdrücken Tomatenprodukte in der frühen Phase der Krebsentstehung die Umwandlung vorgeschädigter Zellen in Krebszellen. Allerdings weisen die Forscher explizit darauf hin, dass die Wirkung-Dosis-Beziehung nicht für isoliertes Lykopin, wie es in Nahrungsergänzungsmittel eingesetzt wird, gilt. Vermutlich spielen noch weitere mit Lykopin-assoziierte Tomateninhaltsstoffe eine wichtige regulatorische Rolle, weswegen weiter Studien nötig sind.
Daher wird keine der genannten Behauptungen von der europäischen Lebensmittel-sicherheitsbehörde (EFSA) als ausreichend wissenschaftliche belegt angesehen. Und so wurde lediglich für ein bestimmtes wasserlösliches Tomatenkonzentrat (Water Soluble Tomato Concentrate - WSTC I + II) die Werbeaussage "fördert die normale Blutplättchenaggregation und trägt zu einem gesunden Blutfluss bei" zugelassen. Weswegen Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln ihren lykopinhaltigen Produkten häufig noch weitere bioaktive Substanzen (bspw. Vitamin E., Vitamin C) zusetzen, für die mehr gesundheitsbezogene Angaben zulässig sind.
Was ist Lykopin und wo kommt es vor?
Lykopin wird vielfach als das „Tomaten-Vitamin“ beworben, dabei handelt es sich in Wahrheit um kein Vitamin. Tatsächlich gehört der fettlöslichen Carotinoide (Farbstoff) und wird wegen seiner elektronen-reichen Struktur chemisch zu den Terpenen gezählt. Es ist das am weitesten verbreitetste rote Pigment, das zahlreichen Früchten ihre charakteristische Farbe verleiht. Somit ist Lykopin ein sekundärer Pflanzeninhaltsstoff. Pflanzen nutzen die antioxidative Wirkung, um den eigenen Organismus vor Schäden durch Sauerstoff und Sonnenlicht zu schützen.
Besonders reich an Lykopin sind Guaven, Hagebutten, rosa Grapefruits und Tomaten. In Letzteren macht das Lykopin etwa 90 % des gesamten Carotin-Gehaltes aus und ist vorwiegend in der Schale zu finden. Lykopin ist vergleichsweise hitzestabil, sodass es beim Kochen fast vollständig erhalten bleibt. Aufgrund der aufgebrochenen Zellstruktur und seiner Eigenschaft, sich gut in Fett zu lösen, wird Lykopin aus erhitzten, verarbeiteten Lebensmittel wie Tomatensoße vom Körper besser aufgenommen. So enthalten Tomatenmark (rund 55 mg/100 g) und Tomatensoße (rund 20 mg/100 g) im Vergleich zu frischen Tomaten (5-10 mg/100 g) ein Vielfaches an bio-verfügbarem Lykopin.
Eine Frucht, die beachtliche Mengen (200 mg/100 g) an Lykopin enthält, ist die vietnamesische Gac-Frucht (Mormodica cochinchinenis), diese enthält neben dem Lykopin auch Beta-Carotine und wird als Gac-Öl-Kapseln angeboten.
Was Sie bei der Verwendung Lykopin-haltiger Nahrungsergänzungsmittel beachten sollten?
Offizielle Zufuhrempfehlungen der EFSA für die wünschenswerte Aufnahme von sekundären Pflanzeninhaltsstoffen wie Lykopin gibt es bislang nicht. Eine Ausnahme bildet lediglich das Beta-Carotin.
Die von der EFSA festgelegte vertretbare tägliche Gesamtaufnahme (ADI) von Lykopin aus allen Nahrungsquellen beträgt 0,5 mg pro Kilogramm Körpergewicht. Dieser Wert kann von bestimmten Bevölkerungsgruppen (z. B. Vorschul- und Schulkindern), die große Mengen Lykopin-reicher Lebensmittel zu sich nehmen, möglicherweise überschritten werden. Daher raten wir Ihnen von der hoch dosierten Zufuhr isoliertem Lykopins in Form von Nahrungsergänzungsmittel über einen längeren Zeitraum ab. Einerseits ist wie beschrieben die Wirkung von isoliertem Lykopin wissenschaftlich nicht belegt und andererseits können negative gesundheitliche Effekte bei einer Aufnahme über dem von der EFSA festgelegtem ADI-Wert nicht ausgeschlossen werden.
Rechtliche Einschätzung
Lykopin ist als Farbstoff E 160d für bestimmte Lebensmittel zugelassen. So werden damit beispielsweise Milchprodukte, Konfitüren, Süßwaren, Pasteten oder auch Fisch und Fleischersatzprodukte gefärbt. Die gesetzlich festgelegten Höchstmengen von 10 – 500 mg/kg je nach Lebensmittel dürfen dabei nicht überschritten werden.
Abgesehen davon wurde Lykopin als Novel Food zugelassen. Informationen über neuartige Lebensmittel (Novel Food) finden sie hier. Die Zulassung erlaubt, dass seit April 2009 bestimmten Lebensmitteln wie Frühstückscerealien (5 mg/100 g), Salatsoßen (10 mg/100 g), Frucht- und Gemüsegetränken (2,5 mg/100 g) und Nahrungsergänzungsmittel (15 mg/100 g) Lykopin zugegeben werden darf. Die Regelung sieht auch vor aus welchen Quellen das Lykopin gewonnen werden darf. Da sind einerseits die natürlichen Vorkommen in Tomaten und dem Pilz Blakeslea trispora, andererseits darf auch synthetisch-hergestelltes Lykopin eingesetzt werden.