Besonderheiten bei Fernwärme
Bei Fernwärme ist der Wechsel des Wärmelieferanten nicht möglich. Planung und Betrieb des Kraftwerks und der Netze liegen in der Hand eines Unternehmens. Der Aufbau einer doppelten Infrastruktur durch ein weiteres Unternehmen wäre unwirtschaftlich. Daher ist jedes Fernwärmeunternehmen ein lokaler Monopolist.
Eine weitere Besonderheit ist, dass Kommunen für manche Grundstücke einen Anschluss- und Benutzungszwang vorsehen. Als Eigentümer:in sind Sie dann gezwungen, Ihr Haus mit Fernwärme zu versorgen. Es ist aber in den meisten Kommunen möglich, alternativ Heizungstechnik mit erneuerbaren Energien zu nutzen.
Zudem gibt es rechtliche Besonderheiten bei Fernwärme: Beispielsweise dürfen Verträge für die Dauer von bis zu zehn Jahren geschlossen werden. Die rechtlichen Grundlagen zwischen Ihnen als Kunden und den Fernwärmeanbietern sind in der AVB Fernwärme V geregelt.
Wann eignet sich Fernwärme?
Generell rechnet sich Fernwärme dann, wenn möglichst viele Nutzer an das Fernwärmenetz angeschlossen sind. Denn die Verlegung der Netze und der Bau der Erzeugungsanlagen sind in der Regel mit erheblichen Kosten verbunden. Zudem ist eine für die Wirtschaftlichkeit erforderliche Mindestabnahmemenge pro Meter Netz erforderlich. Aus diesen beiden Gründen eignet sich Fernwärme vor allem in dicht besiedelten Gebieten. Bei Fernwärme gilt, dass Ihr Gebäude einen gewissen Energieverbrauch haben sollte, damit sich Fernwärme für Sie eignet. Denn Sie finanzieren das Kraftwerk und die Wärmenetze anteilig über Ihren Grundpreis mit.
Auf dem Land kann sich Fernwärme lohnen, wenn Wärme lokal günstig bereitgestellt werden kann, etwa über die Verwertung von Holzhackschnitzeln oder Biogas.
Auch in Neubaugebieten kann ein Anschluss sinnvoll sein. Neben einer dichten Bebauung oder großer Wärmeabnehmer kann auch vorhandene Wärme, zum Beispiel aus industriellen Prozessen oder aus der Müllverbrennung, zu einer wirtschaftlichen Umsetzung beitragen. Durch den guten energetischen Gebäudezustand in diesen Gebieten sind wiederum auch andere technische Lösungen für ein Wärmenetz möglich, die mit geringeren Temperaturen betrieben werden.
Wenn Sie Eigentümer eines Altbaus sind, sollten Sie beim nächsten anstehenden Kesseltausch Ihrer Öl- oder Gasheizung über einen Umstieg auf Fernwärme nachdenken. Die Energieberater:innen der Verbraucherzentralen helfen Ihnen dabei gern. Eine erste Einschätzung, ob sich der Umstieg auf eine neue Heizung lohnen würde, finden sie hier.
Bei der Abschätzung, ob sich Fernwärme für Sie lohnt, sollten Sie unbedingt einen sogenannten Vollkostenvergleich anstellen. Hierbei werden alle anfallenden Kosten - von der Anschaffung der Heizung über die Wartung, bis hin zu den Schornsteinfegerkosten - über den Nutzungszeitraum Ihrer Heizung berücksichtigt.
Hintergrund: Bei Fernwärme erhalten Sie das fertige Produkt „Wärme“. Im Fernwärmepreis sind also bereits Umwandlungsverluste enthalten, die bei der Erzeugung der Wärme entstehen. Bei einer Gas- oder Ölheizung entstehen diese Erzeugungsverluste hingegen erst vor Ort im Heizungskessel. Sie benötigen also mehr Gas oder Öl, um die gleiche Menge Wärme zu erzeugen. Daher greift ein reiner Vergleich der Preise von Fernwärme mit Öl oder Erdgas zu kurz.
Was kostet Fernwärme?
Die Fernwärmepreise fallen je nach Anbieter sehr unterschiedlich aus. Betreibt ein Anbieter mehrere Fernwärmenetze, so hat häufig sogar jedes Netzgebiet einen anderen Preis. Das kann sogar innerhalb derselben Stadt zu unterschiedlichen Preisen führen.
Fernwärmepreise setzen sich in der Regel aus diesen Bestandteilen zusammen:
- dem Arbeitspreis in Cent pro Kilowattstunde
- dem Grundpreis pro Kilowatt angeschlossener Leistung (auch als „Anschlusswert“ oder „Leistungspreis“ bezeichnet)
Über den Arbeitspreis wird der tatsächliche Wärmeverbrauch abgerechnet. Der Grundpreis ist ein Fixpreis pro Jahr und beinhaltet die anteiligen Kosten an Kraftwerk und Netzen. Durchschnittlich macht der Grundpreis einen Anteil an den Gesamtkosten von etwa 25 Prozent aus, der Arbeitspreis ungefähr 75 Prozent. Ein durchschnittlicher Preis für Fernwärme liegt bei etwa 16 Cent pro Kilowattstunde, wobei der Grundpreis hier anteilig enthalten ist. Von diesem Durchschnittspreis gibt es allerdings deutliche Abweichungen nach oben und unten.
Sie können auch während der Vertragslaufzeit verlangen, dass der Anbieter die Leistung anpasst. Das heißt, dass die Wärmemenge, die maximal bereitgestellt wird, reduziert wird. Dabei sollte darauf Rücksicht genommen werden, dass am statistisch kältesten Tag des Jahres weiterhin eine Raumtemperatur von 20 Grad Celsius erreicht werden können sollte. Die Anpassung der Leistung wird Ihren Grundpreis drücken. Die Fernwärme-Verordnung sieht vor, dass eine solche Anpassung einmal im Jahr möglich ist (§ 3 Absatz 1). Achten Sie darauf, dass dabei eine Frist von 4 Wochen gilt und Sie eine Änderung immer nur zum Ende eines Kalendermonats fordern können. Möchten Sie also zum Beispiel ab Mai 2022 eine andere Leistung bekommen, sollten Sie das zum 30. April 2022 fordern und sich mindestens vier Wochen vorher beim Anbieter melden.
Sie müssen bei einer solchen Forderung den niedrigeren Bedarf nicht nachweisen, wenn die Reduktion der Leistung 50 Prozent nicht überschreitet. Um mehr als 50 Prozent können Sie nur dann reduzieren, wenn Sie die reduzierte Leistung durch erneuerbaren Energien ersetzen - und das auch belegen können.
Wenn Sie komplett auf erneuerbare Energien wechseln, können Sie den Vertrag sogar ganz kündigen. Dabei gilt eine zweimonatige Frist.
Beim Wechsel auf Fernwärme fallen bei einem kleineren Gebäude zudem einmalige Umstellungskosten in Höhe von etwa 8.000 bis 15.000 Euro an. Darunter fallen die Entsorgung der Altanlage, der Anschluss an das Fernwärmenetz und der Einbau der sogenannten Fernwärmeübergabestation. Außerdem müssen Fachleute die Verteilung der Wärme in Ihrem Gebäude passend einstellen.